Die epistemologischen Jahre

Freitag, 14. September 2018, 19.30 Uhr, diffrakt | zentrum für theoretische peripherie

Filmschnipsel, Gespräch und Buchvorstellung mit
Onur Erdur | Henning Schmidgen

Epistemologie – hinter diesem Wort verbarg sich im intellektuellen Paris der 1960er und 1970er Jahre mehr als nur eine philosophische Teildisziplin, die nach dem Wissen fragt. Epistemologie avancierte bei Strukturalisten, Marxisten, Dekonstruktivisten und vielen anderen kritischen Geistern, die sich damals zwischen der Universität, dem Café und der Strasse im radikalen Denken übten, zum vorherrschenden Diskurs der Stunde. Als Zauberformel der Philosophie stand sie für eine intellektuelle Haltung, mit der man die Welt des Denkens vermeintlich auf den Begriff bringen konnte.

Von der Epistemologie ging eine Provokation aus: die Philosophie könne ihre Themen und Fragen nur aus der Beschäftigung mit dem zeitgenössischen wissenschaftlichen Denken hervorholen. Georges Canguilhem, Michel Foucault, Louis Althusser und Co. haben daher über die modernen Naturwissenschaften nachgedacht, sich von ihnen inspirieren und anleiten lassen, sie aber auch hinterfragt und kritisiert. Da sich zur selben Zeit die Molekularbiologen durch die Entdeckung des genetischen Codes anschickten, Grundfragen des Lebens neu und vor allem selbstständig zu bestimmen, ergab sich eine brisante Konstellation. Wer besaß künftig die Deutungshoheit?

Wir werden in die „epistemologischen Jahre“ eintauchen und uns fragen, warum sich die Ikonen der French Theory gerade von den Arbeiten und Ergebnissen der modernen Biologie faszinieren ließen. Nach der Buchvorstellung und dem Gespräch wird gefeiert.